2006 · Wismar · Eröffnung

Wismar Ausstellungen, Baumhaus Wismar, Ausstellung Manfred W. Jürgens, Kunst Künstler, Kunst und Kultur, Bildende Kunst
Baumhaus Wismar

Manfred W. Jürgens | Malerei

Wismar · Baumhaus · 2006

29.06. - 30.07. 2006


Baumhaus-Austellung

2006

Fotografien

2006

Baumhaus-Austellung

2006




Gedanken zur Ausstellung

Manfred W. Jürgens · 28.6.2006


Wismar Ausstellungen, Baumhaus Wismar, Ausstellung Manfred W. Jürgens, Kunst Künstler, Kunst und Kultur, Bildende Kunst Wismar Ausstellungen, Baumhaus Wismar, Ausstellung Manfred W. Jürgens, Kunst Künstler, Kunst und Kultur, Bildende Kunst

Werte Gäste!

Auch ich wünsche Ihnen einen guten Abend an diesem ersten spielfreien Tag während der Fußball-WM 2006! Mein Name ist Manfred W. Jürgens. Vor fünf Jahren stand ich schon einmal zitternd an dieser Stelle. Damals präsentierte ich meine Bilder erstmals der Öffentlichkeit und wäre vor Aufregung fast in Ohnmacht gefallen. Mein Gefühl heute ist nicht anders.

Versuch einer Eröffnung.

Mein Dank geht an meinen Freund Thomas Beyer für seine einleitenden Worte.

Gestatten sie mir einige Gedanken über mich selbst. Geboren wurde ich nebenan in Grevesmühlen vor 50 Jahren. Mein Vater war Mecklenburger. Meine Mutter kam aus der Nähe von Wurzen. Viele Sommer meiner Kindheit verbrachte ich im sächsischen Pausitz an der Mulde. Die dort wohnenden Großeltern waren Tabakbauern. Ich denke für F6.

Meine Großeltern sorgten für das größte Schlüsselerlebnis meines Lebens. Als diese sahen, dass ich ständig zeichnete und malte, schenkten sie mir, ich war knapp fünf Jahre alt, einen großen teuren Ölfarbkasten und langstielige Pinsel. Die Oma hatte Geburtstag und ich wünschte ihr eine eigene überdimensionale Geburtstagstorte. Also eine stabile, sehr haltbare, die ihr niemand wegessen konnte. So bastelte ich eine Torte aus einem Pappkarton und nutzte den gesamten 24-tubigen Ölfarbkasten für die recht cremige und farbenfrohe Gestaltung.

Die Torte war wunderschön! Doch sie wollte nicht so recht durchtrocknen. Es gab großen Geburtstagsärger wegen der stark nach Terpentin stinkenden Pseudo-Torte, die außerdem meinen neuen Matrosenanzug und die goldene großmaschige Wohnzimmer-Tischdecke versaut hatte. Aber ich fand das witzig und verstehe bis heute nicht den tagelangen familiären Ärger um meine farbenprächtige, wenn auch recht ölige Torte.

Meine erste Arbeit in Öl hatte aber auch etwas Gutes. 'Das war wohl eine Fehlentscheidung', sprach der Großvater und empfahl eine baldige Reise ins nahe Dresden. 'Dort hängen doch diese Gemälde. Der Bengel muss wohl erst einmal was Richtiges sehen.' So eröffnete sich für mich die faszinierende Welt der Alten und Neuen Meister.

Als junger Mensch kopierte ich ahnungslos Arbeiten von Dürer, Holbein und Rembrandt, um das vor Jahrhunderten Gemalte intensiver nachempfinden zu können. Die Ergebnisse hatten nichts mit den Originalen zu tun.

Es folgten die ganz normalen Katastrophen und Umwege. Nach der Schulzeit fuhr ich zur See, war Maler und Glaser, arbeitete in der Landwirtschaft, werkelte an einem Pfarrhof und begann mit 29 Jahren endlich zu studieren. Während meines Studiums zum Kommunikations-Designer in Berlin vertiefte ich in Wissenschaftsgrafik und in Fotografie. Nach dem Abschluss arbeitete ich für einen Zoologen und versank später über Jahre im ländlichen Kulturmanagement.

Nach einer gescheiterten Beziehung landete ich in einem Pfarrhaus hier in der Nähe. Als ich dem Pfarrer erzählte: 'Ich habe geträumt, ich ziehe nach Wismar, gehe ins Bordell und male die Huren', war seine Antwort: 'Oh, das würde ich als Maler interessant finden und sofort tun.' Also brachte mich mein Traum vor zehn Jahren mit Pfarrers Segen in die harte Realität der Hansestadt Wismar. Ich lernte das beschauliche Wismar über das Bordell kennen. Es erschloss sich eine ganz spezielle Perspektive.

Doch alles lebt vom Kontrast. Viele meiner Bilder entstanden durch Aufenthalte in Taiwan, Frankreich, Italien, Sri Lanka oder England und den dortigen Erlebnissen. Das Erlebnis ist Grundlage. Wenn ich nichts erlebe, kann ich auch nichts malen. Zu den größten Erlebnissen gehören für mich Gespräche mit interessanten, ehrlichen Menschen und das Aufspüren ihrer Wesenheit.

Für jeden, der realistisch malt, stellt sich die Frage: Kann das gegenständliche Bild in unserer Zeit sinnvoll sein? Mein Ansatz gründet auf historischen Vorbildern. Alte Gedanken aufzuspüren, sie neu um- und auszubauen, ist für mich zeitgemäß und provoziert mich.

In der Vergangenheit habe ich einen Großteil meiner Arbeiten bewusst vernichtet. Und das ist gut so. Wer schafft, hat auch das Recht, die Dauer des Geschaffenen zu bestimmen. Seit einigen Jahren arbeitet meine Frau mit Erfolg gegen diese Auffassung. So kam es vor 5 Jahren zu meiner ersten Ausstellung hier im Baumhaus.

Jede Tafel ist auch ein Selbstbildnis. Ohne den Träumer in mir könnte ich nicht leben. Vieles wird nachts in Träumen geboren und findet durch Auseinandersetzung mit dem Traum malerisch Verwirklichung.

Malerei ist für mich wie ein Wunder. Oft ist sie zerstörerisch und zugleich wohltuend, wie unser Sein in seiner obskuren Widersprüchlichkeit. Der Tod gehört ins Bild wie das Leben. Versteckt ist er immer am Wirken. Beim Malen wird mir immer wieder klar, dass ich wenigstens 10 Malerleben bräuchte, um alle Ideen zu verwirklichen. Trotzdem weiche ich in meiner Malerei nicht vom Detail ab. Mein Realismus ist für mich realer als die Wirklichkeit. Die überhöhte Betonung der Dinge und die weglassende leise Verfremdung ist für mich ein großer Genuss. Es geht nicht um anmutige Naturtreue. Realismus ist subjektiv und erfordert die Abstraktion. Das ist aufregend.

Die Fotografie nutze ich als Ersatz fürs Skizzenbuch, in letzter Zeit auch wieder im Wechsel mit Portraitsitzungen. Das Ziel ist für mich kein Fotorealismus. Der sieht völlig anders aus. Fotorealisten stellen unter anderem die Oberfläche der Fotografie, die Körnung des Fotopapiers, dar. Das Verhältnis der Fotorealisten gegenüber dem Inhalt ihrer Bilder ist dabei neutral und möglichst objektiv. Objektivität ist nicht mein Ziel. Und auch wenn ich detailliert male, heißt es nicht, dass ich immer detailgetreu arbeite. Es ist meine individuelle, eigenwillige Sicht auf die Welt.

Ich danke allen, die diese Ausstellung ermöglichen. Dazu zählt natürlich meine Frau Barbara Koppe, die nicht nur meine Muse, sondern auch Förderin und Managerin meiner Malerei ist. Welch ein Glück!

Ich danke auch meinem Model Thomas Beyer, der ganz nebenbei Senator dieser Hansestadt ist, für seine einleitenden Worte. Dein Portrait begleitete mich bereits auf Ausstellungen nach Leipzig, Venedig und Hamburg und ist ebenso in dieser Ausstellung zu sehen.

In der heutigen Besucher-Runde sehe ich weitere Models. Caroline Schwarz und Kai Maertens. Auch Euch herzlichen Dank für Eure Geduld mit mir und meinen Maler-Macken.

Des Weiteren danke ich Frau Frenz, Frau Schumacher und Herrn Kiene vom Kulturamt, die diese Ausstellung mit vorbereitet haben. Zudem ein Dank im Voraus an das Baumhaus-Team. Ihr müsst diese Bilder 4 Wochen lang ertragen.

Und natürlich danke ich meinen Freunden Anke Richter und Jörg Sedlak vom Wismarer Gasthaus Lübsche Thorweide. Ihnen haben wir das heutige Catering zu verdanken. Herzlichen Dank für das erneute Schmackhaftmachen meiner Bilder!

Werte Gäste, ich möchte Ihnen nicht erklären, was Sie zu sehen haben, denn Sie selbst haben Ihren gesunden Augensinn! Ich lade sie herzlich ein in die Welt meines Realismus. Sehen sie selbst.

Gestatten Sie mir abschließend ein / zwei / drei Fotos für meine Website. Diese finden Sie bei Google unter Realistische Malerei.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Ihnen wünsche ich nach der Musik interessante Gespräche bei einem Glas Wein und einen Guten Abend!

Baumhaus-Austellung

2006

Fotografien

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