Bildnis Ruth Rupp


Lasur- und Mischtechnik auf Leinwand auf Holz, 102 x 100 cm, 2011

Vielleicht ist Malerei doch nicht so sinnlos


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Ruth Rupp sah ich 2004 erstmals auf der Bühne des St. Pauli Theaters in der Dreigroschenoper mit Ulrich Tukur als Mackie Messer. Sie sang, nach einer Idee von ❯ Katharina JohnRealistische Malerei heute, Neuer Realismus, Manfred W. Jürgens, Maler Malerei, Kunst Künstler, Wismar, in der Rolle einer Alt-Hure die Schlussszene und erntete somit allein auf der Bühne stehend den gefährlichen Schlussapplaus des Stückes. Die Hälfte des Publikums heulte vor Rührung. Ich auch. Und ich schwor mir, wenn mir diese kleine Dame eines Tages über den Weg läuft, so werde ich sie ansprechen.

Sechs Jahre später, im Hamburger St. Pauli Theater, hörte ich im Gehen eine lachende erwachsene Frauenstimme rufen: Verdammt, nun kippt mir wieder einer dieser Typen Rotwein in mein Dekolleté nur weil ich so klein bin. Mein Glas stoppte nur wenige Millimeter schräg vor ihr. Ich sah auf eine 144 cm große Frau. Wir saßen noch lange plaudernd im leeren Theater. Andere feierten an der Bar die Eröffnung der neuen Spielsaison, wir verabredeten uns. Ruths Worte: Wenn Du schon sechs Jahre hinter mir her bist, dann müssen wir das jetzt aber auch mal machen, das mit diesem Portrait.

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Nach einer Woche saß sie erstmals bei mir im Blankeneser Atelier. Ruth ist nun 85 Jahre alt. Nachdem sie acht Jahre lang ihre kranke Mutter gepflegt hatte, entdeckte sie mit siebenundsiebzig Jahren das Schauspiel. Zunächst die Bühne und gelegentlich auch Film.

Zum Ende des zweiten Weltkrieges stand sie als Mädchen in Hamburg an der Flak. Unvorstellbar. Nach dem Krieg studierte sie Musik und Gesang. Später war sie Kindermädchen für Landkarten-Falk in Blankenese. Dessen Tochter Karin fand sie, nach 49 Jahren, durch mein gemaltes Portrait über Google wieder. Das ist doch Ruth, mein Kindermädchen von einst. Ein Telefonat: Kann es sein? Ja! Nun besuchen sie sich von Zeit zu Zeit und sind zum zweiten Mal befreundet.

Somit ist Malerei wohl doch nicht ganz so sinnlos.

© MWJ, Hamburg, 04.01.2011




Ruth Rupp singt Franz Schubert

Franz Schubert · 1797-1828

Der Wanderer an den Mond · Arrangement Roman Lemberg

Aus dem Film 'Der Wanderer' von Jakob Klaffs 2008 · Gesang: Ruth Rupp · Wanderer Ensemble: Jutta Spiegelberg, Lina Liu, Aviva Piniane, Karin Enzler · Klavier und Celesta: Roman Lemberg

Mit freundlicher Genehmigung © Jakob Klaffs



Ruth Rupp, 90

© Stern Nr. 39 vom 22.9.2016 | Protokoll Sven Rohde


Mein Alter merke ich erst seitdem ich 85 bin. Da brauchte ich einen Herzschrittmacher. Gearbeitet habe ich als Sängerin, später als Kindermädchen, dann als Hauswirtschaftsleiterin in einem Krankenhaus. Als ich über 70 war, begann meine Karriere als Schauspielerin. Ulrich Tukur hatte mich überredet bei der 'Dreigroschenoper' mitzuspielen.

Altersvorsorge - mit 30 oder 40 war mir das Thema egal. Und dann haben sich glückliche Umstände gefügt. Gesetzliche Rente, dann eine Betriebsrente, die Leibrente aus dem Verkauf des Hauses.

Den Ruhestand zu planen finde ich albern und nutzlos. Es kommt sowieso anders.

Das Motto meines Lebens: Ich freue mich, dass ich leben darf - auch wenn es immer wieder schwer war. Mit Krieg, Vertreibung, dem plötzlichen Tod meines Partners. Wenn ich vorher gewusst hätte, was auf mich zukommt, hätte ich gesagt: Das überstehe ich nicht. Aber dann konnte ich es eben doch. Daraus schöpfe ich immer wieder neue Kraft.

Geld ist mir unwichtig.

Mein Rat für Jüngere: Das Leben ist so bunt und so reich, sucht es nicht auf euren Smartphones.




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